Marokko

Einleitung

Erlebnisse dieser Reise bilden manchmal den szenischen Hintergrund zu dem Buch "Der Märchenerzähler - Orientalische Liebesmärchen".

Marokko liegt an der nordwestlichen Küste des afrikanischen Kontinents. Nach antiker Meinung bildet seine nördlichste Landspitze zusammen mit Gibraltar die Säulen des Herakles, hinter denen, aus dem Mittelmeer kommend, die Welt zu Ende ist, und wo das Meer am Rande der Erdscheibe in die Tiefe hinabstürzt. Wenn ein Schiff oder Boot diesen hinabstürzenden Wassern zu nahe kommt, ist es um das Schiff und seine Besatzung geschehen, es wird in diesen unendlichen Schlund hinabgezogen.

Die Ureinwohner Marokkos sind die Berber. Da Marokko aber am Meer liegt, wurde es von vielen anderen Völkern bewohnt. So aus dem Norden kommend von den Vandalen, die in (V)andalusien schon einen Stützpunkt hatten. Auch die Phönizier und Römer waren in der Antike schon in Marokko. Die Römer gaben dem Land den Namen Mauretanien. Und diese Mauren zogen dann später zu ihren früheren Besatzern nach Andalusien. Nach der Entstehung des Islams breiteten sich die Araber nach Nordafrika und damit auch nach Marokko aus. Im Mittelalter bauten die Portugiesen den Stützpunkt „Weises Haus“ oder auf portugiesisch „Casa blanca“. Von 1912 bis 1956 war Marokko eine französische Kolonie, und Teile Marokkos waren eine spanische Kolonie.

In Marokko werden hauptsächlich 5 Sprachen gesprochen. Drei Sprachen sind Berberdialekte. Diese sind aber so verschieden, dass sie sich untereinander nicht verstehen. Die 4. Sprache ist die Sprache des Islams, das Arabische, und die 5. Sprache stammt aus der letzten Besatzungszeit, das Französische. Es ist die Sprache in der im Parlament gesprochen wird. In der zweiten Schulklasse wird französisch gelernt. Arabisch und Französisch sind die Amtssprachen.

Casablanca ist die europäischste Stadt. Fès ist die arabischste und Marrakèsch die afrikanischste Stadt.

Was bewog mich nach Marokko zu reisen?

Ich wollte wissen, wo meine Seelenverwandten leben.

Wie lassen sich meine Selenverwandten beschreiben? Sie sprechen eine Sprache, in der das „A“ dominiert. Da ist arabisch naheliegend. Sie tragen gürtellose Gewänder. Sie sind weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht eindeutig zuzuordnen, sie sind Hermaphroditen. Sie machen weite Reisen, schauen mehr zu den Sternen im Himmel als auf die Erde, und sie lieben Bücher. Astrologisch ließe sich dies in den beiden Begriffen Merkur oder Zwilling zusammenfassen. Die Araber, mit ihren Karawanenreisen, die sich am nächtlichen Sternenhimmel orientieren, und die vielen Sternen Namen gegeben haben, und die gürtellose Gewänder tragen, könnten ein guter Anhaltspunkt sein.

Nun es gibt viele arabische Länder, und ich wollte ja auch so einen arabischen Rundschlag mache, aber da war die barbarische Idee des George W. Bush: „Im Irak die Zivilisation einführen zu müssen“. - Ich will auf mein merkurische Gedankenspiel hinweisen: „Der Barbar will zivilisieren“. – Daher floh ich vor der bevorstehenden Barbarei.

In einer abgelegenen Rumpelkammer meines Gedächtnisse gab es da noch die Märchenstadt Marrakesch. Und ich denke, dass die Tradition des Märchenerzählens nirgends so sehr gepflegt wird wie bei den Arabern. So wollte ich also versuchen, vielleicht in Marrakesch meinen Seelenverwandten zu begegnen.

Es gibt noch eine weiter antike Mythe, die zu Marokko gehört, die des Atlas. Bei dieser Mythe ist die Erde keine Scheibe sondern eine Kugel, die der Riese namens Atlas auf seinem Nacken trägt. Und der oberste Wirbel der menschlichen Wirbelsäule heißt deswegen Atlas, weil eben auf diesem Wirbel der Riese Atlas die Erde trug. Irgend wann war ihm die Erde zu schwer, und er warf die Erde auf den Boden. Auf diese Weise entstand das Atlasgebirge.

Das Atlasgebirge ist die große Klimascheide Marokkos. Die Wolken die vom Meer kommen überwinden den Atlas ganz selten und lassen ihre Wasser- oder Schneemassen im Hohen Atlas fallen. So ist Marokko vom Atlas zum Meer hin fruchtbar, und vom Meer weg ist es Wüste, ein Teil der Sahara. An Gebirgen hat Marokko außer dem Hohen Atlas noch den mittleren Atlas, den Antiatlas und das Rifgebirge

Da die marokkanische Währung nicht ein- noch ausgeführt werden darf, ist nach der Passkontrolle der Geldwechsel die erste wichtige Tätigkeit. 1€ entspricht 10 marokkanischen Dirham. Oder 1 Dirham entspricht 20 Deutschen Pfennigen. Dirham rechnet man in DM um, indem man die Dirhams durch 10 teilt und das Ergebnis verdoppelt. Das Wechselgeld konnte von der amtlichen Bank im Flughafen nur auf 10 Pfennig genau gewechselt werden, nämlich auf ½ Dirham. Die Münzen sind für das unumgängliche Trinkgeld, das oft wesentlicher Teil des Verdienstes ist wichtig. Aber Trinkgeld ist sympathischer als die sonst im Orient bekannte Bettelei.

Nach dem Geldwechsel fuhren wir aus der fruchtbaren Sousebene heraus auf Gebirgsstraßen durch den ockerfarbenen mit Grün durchsetzten Jura nach Marrakesch.

Während der Fahrt lief manchmal der Scheibenwischer, weil es regnete. Wir wollten in den Süden wegen der Sonne und nicht wegen des Regens. Aber wie mein japanischer Zen-Lehrer zu sagen pflegte, was Nachteil ist, ist auch Vorteil und was Vorteil ist, ist auch Nachteil. Und so sahen wir ein blühendes und grünendes Marokko.

Grünendes Marokko

2. Tag: Casablanca und Rabat

Casablanca ist eine riesige Metropole mit Seehafen, Flughafen, Bahnhof, Mietskasernen, Hochhäusern, Kinos, Slams, auf deren Hütten oft eine Fernsehantenne zum Himmel lugt.

Nichts was das Herz höher schlagen lässt. Aber auf dem Platz vor der Moschee Hassan II ändert sich alles. Ein paar Schritte über den Platz und man geht aufrechter, Worte wie Petersplatz in Rom oder Platz des himmlischen Friedens kommen einem in den Sinn. Die Moschee ist zu 1/3 auf Land und zu 2/3 auf dem Meer gebaut. Letzteres wurde zu diesem Zweck aufgeschüttet.

Hassan II.- Moschee

Hassan II. - Moschee

Um die Weite des Platzes oder die Architektur besser bewundern zu können, in das Bild klicken.

Hassan II. - Moschee

 

Königsstadt Rabat: Trotz des riesigen Geländes mit eine Größe von 82 Hektar (etwa 900m x 900m) ist der Palast der derzeitigen Hauptstadt Marokkos mit seinen Parks, dem Regierungsviertel und seinen Ministerien nicht so protzig wie Versailles oder wie London. In Marokko gibt es kein Wehrmachts-, Verteidigungs- oder wie auch immer Ministerium, das Militär untersteht direkt dem König, es ist Chefsache. Kein Militär kann sich aus Eigennutz durch irgend welche vom Zaun gebrochene Kriege profilieren, wie z.B. der Amerikaner Powell. Darüber lässt sich nachdenken.

Wache vor dem Königspalast in Rabat 

 

 

Wachablösung vor dem Mausoleum von Mohamed V.

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Im 3. vorchristlichen jahrhundert siedelten Römer wo heute Rabat ist. sie hinterließen eine Nekropole, eine Totenstadt. Die Totenstadt wurde später von einem Sultan in einen Friedhof umfunktioniert. Heute ist es ein wunderschöner Park, durch den ein Bächlein fließt, das dort auch entspringt. Auf den Bäumen und auf einem Minarett nisten Störche.

Nistende Störche in der Totenstadt

 

 

Nistender Storch auf einem Minarett in der Totenstadt

 

3.Tag: Königsstadt Meknès am Fuße des Rifgebirges.

Stadttor von Meknès

Eingangstor nach Meknès

Meknès wurde 35 Jahre lang von Sultan „My Ismail“ als Festung aus dem Boden gestampft. Danach wurde das Land unerworfen. Es hat riesige Vorratskammern für Getreide und Wasser mit Brunnen in den Vorratskammern. Stallungen von etwa 400 x 400 Metern.

Stallungen für 12 00 Pferde

Stallungen für 12 000 Pferde

Meknès wird auch das Versailles Marokkos genannt.

Platz in Meknès, dem marokkanischen Versailes

 

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Platz in Meknès, dem marokkanischen Versailes

Heute ist die marokkanisch Haute Couture in Meknès. Von dort geht die neueste Mode aus, und ein Schneider, der nicht in Meknès gearbeitet hat, gilt nicht als ein Meister. Die Schneider sitzen zu dritt oder viert in einer Werkstatt. Für bestimmte Stiche werden vier Fäden gleichzeitig vernäht, die ein Lehrling mit einer Schablone spannen muss. Hier sieht man dass der Schneider ein sehr angesehener Beruf ist. Jede Werkstatt hat ihre Musterbücher, in denen die Stoffe, Bordüren und Kundennahmen, die zusammengehören festgehalten sind. Wenn der Schneider näht, dann ist das eine kraftgeladene Aktion. Sie ist eine Kunst und Augenweide, wie das flinke Gemüseschneiden eines Koches. Die Schneiderwerkstätten sind nach der Gasse hin offene 2m x 2m bis 3m x 3m große Räume. Sie sind in dem zugluftfreien Gewirr des Souk, des Bazars, beieinander.

 

Bab Mansour, das Grabmahl des Stadtgründers

Grabmosche des Stadtgründers

Grabmoschee des Stadtgründers

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Nach dem Mittagessen, im Palasthotel in Meknès, geht die Fahrt weiter. Die weiße Pilgerstadt My Idriss, mit dem Mausoleum des bedeutendsten Nationalheiligen lassen wir rechts liegen, um zur Ausgrabung der einst römischen Hauptstadt Volubilis der Afrikaprovinz Mauretanien Tingitana zu gelangen.

 

Volubilis

Römisches Baudenkmal

Römisches Baudenkmal

Römisches Baudenkmal

 

Römisches Mosaik

 

Römisches Mosaik

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4.Tag: Älteste marokkanische Königsstadt, Fès:

Fès hat etwa 620 000 Einwohner und besteht aus 3 geschichtlich deutlich getrennten Stadtteilen. Die Gründung der Altstadt geht in das 8. nachchristliche Jahrhundert zurück. Durch die verwinkelte Gassenführung entsteht keine Zugluft. Diese Städteplanung ist eine arabische Erfindung. Die Portugiesen machten das in der marokkanischen Fischerstadt Esauria nicht. An die Altstadt schließt der neuere, größere arabische Teil an, und dieser ist wiederum durch einen Grünteil vom noch höhergelegenen und von den Franzosen gebauten Teil getrennt. Der arabische Teil lebt nach dem islamischen Kalender mit dem Freitag als arbeitsfreiem Tag und der europäische Teil lebt nach dem Julianischen Kalender mit dem Sonntag als dem arbeitsfreien Tag. So gehen die Menschen von der Oberstadt am Sonntag zum einkaufen in die arabische Unterstadt und die Araber von der Unterstadt am Freitag in die europäische Oberstadt zum Einkaufen.

 

Die Altstadt hat ein seit seiner Gründung funktionierendes Zu- und Abwassersystem aus gebrannten Tonröhren. Als die Mauren aus Andalusien vertrieben wurden kamen einige auch nach Fès. Sie siedelten auf der anderen Seite des Flusses und es gab täglich Streit zwischen den Alteingessenen und den Neulingen. Eines Tages wurde Befehl erlassen, die Grenzmauer niederzureißen und eine Brücke zu bauen. Nach 35 Jahren hatten sich die Unterschiede so verwaschen, das die Streitigkeiten ein Ende hatten.

Unser Rundgang begann in den Gassen des Lebensmittelmarktes. Die Läden waren von der Größe eines kleinen Marktstandes, also maximal 2 m x 2 m. Bei dieser Größe muss sogar mit dem Zugang in den eigenen Laden gegeizt werden. Der Zugang ist von der Gasse aus. Und der Verkäufer steigt vor seinem Laden in die Höhe und ergreift einen Ring an einem Seil oder einer Kette und schwingt sich wie Tarzan über seine Auslagen hinweg in sein Geschäft hinein. Als ich von dieser Praxis hörte, lachte ich, obwohl der Stadtführer sagte, dass es kein Witz sei. Ich nahm es erst ernst, als ich es gesehen hatte. Natürlich gab es Eier, Honig Butter und Naschzeug. Außer dem Obst, Gemüse und Geflügel gab es auch die Spezialität von getrocknetem Rindfleisch mit Rinderfett. Diese Spezialität erfüllt in Fès die Funktion der Tiefkühlkost. Man kann es lange unbeschadet lagern und hat es nötigenfalls schnell bei der Hand.

Der Transport in den Gassen der Altstadt kann nur zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit Eseln bewerkstelligt werden. Die Müllabfuhr ist ein Esel, links und rechts bepackt mit einem Traggeschirr voll Müll. Kranke werden auf einem Esel sitzend und von beiden Seiten gestützt transportiert. Die Fußgänger pflegen einen Linksverkehr, das heißt man geht rechts aneinander vorbei.

Warentransport in einer Altstadtgasse von Fes

Personenbeförderung in einer Altstsadtgasse von Fes

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Dann besichtigten wir die einst älteste Universität der Welt, die aus der Zeit um 860 stammt. Diese ehemalige Universität und heutige Mosche hat die drittgrößte arabische Handschriftensammlung. Dies Bildungsbeflissenheit ist das, was mich an der arabischen Kultur so beeindruckt. Die älteste deutsche Universität wurde erst 1/2 Jahrtausend später 1348 in Prag gegründet.

 

Dann besichtigten wir verschiedene traditionelle Handwerksbetriebe. Die Gerberei wird, wie die Fleischerei, wohl nie ganz automatisiert werden können. Gegerbt wird mit Taubenmist, der wie der Guanomist viel Nitrate enthält, die das Fett aus dem Fell ziehen. Nach dem Gerben wird das Leder in einer großen langsam drehenden Holztrommel gewaschen, wie bei uns auch. Interessant war zu erfahren, dass die Wolle, die vom toten Tier kommt tote Wolle heißt und minderwertige ist, weil sie entfettet ist. Lebendige Wolle wird bei uns Schurwolle genannt. Gegerbt wird in den weißen Trögen. Es ist eine schwere Arbeit, und es müssen Gummistiefel und Gummihandschuhe getragen werden. Nach dem Waschen des Leders folgt das Färben. Es werden Naturfarben verwendet wie Klatschmohn, Indigo und Safran. Nicht nur Leder wird in Fès gefärbt, auch Textilien, wie zum Beispiel Blue Jeans. Die Kopfbedeckung namens Fes kommt natürlich aus Fès. Sie ist ein Fils, der mit rotem Mohn gefärbt wurde.

Färberei in Fes

Bevor ich unseren Reiseleiter kannte, fiel er mir in unserem Hotel auf, weil er unschlaff seinen Koffer herumbugsierte, obwohl er die Nationaltracht, den Kapuzenmantel, Dschellaba genannt, trug und einen Turban. Solch einen Turban brauchte ich auch, er wurde ganz anderst gewickelt als in Indien. Ich hatte es im Bus von hinten studiert, wie er gewickelt werden muss. Außerdem hatte er so eine exquisite, wadenlange Hose unter seiner Dschellaba mit gestickter Bordüre. Diese heiße Hose brauchte ich noch mehr als den Turban. Dass ich diese Hose brauche erzählte ich ihm und er sagte, dass er die in Fès gekauft habe.

Nach der Gerberei war der nächste Handwerksbetrieb eine Weberei. Ich war von dem Tuch begeistert, das eben gewoben wurde. Auch andere Tücher hatten wunderbare Muster. Dann wurde eine Agavenfaser verwoben, die wie Seide glänzt, ich glaube wir sagen Reyon dazu. Ich schaute in den wunderbaren Tüchern. Und ein Verkäufer kam mir zur Hilfe – ich sagte nicht, ein Verkäufer belästigte mich, nein er kam mir zur Hilfe. Ich hatte so einen wunderbaren weißen Schal zwischen den Fingern, mit Agavenseide und grobgesponnener Wolle ein edles Stück und spottbillig. Mein Herz schlug höher. Sollte ich mir diesen Schal als Nobelstück zum Ausgehen mit nehmen? Der Verkäufer nahm dieses edle Tuch, machte am Ende einen Knoten hinein, legte den Knoten mir in den Nacken, so dass der lange Teil über meinen Kopf kam. Dann drehte er das Tuch zusammen wie bei einem Turban und ging damit um den Kopf herum. Aha, so geht das also mit dem arabischen Turban. Das Ende wurde einfach seitlich untergeschoben. Zum Schluss wurde der Knoten wieder aufgelöst und das aufgeknotete Stück über den Nacken gelegt. So kam ich schneller als gedacht zu einem wunderschönen Turban. Den anderen Mitreisenden hat es Spaß gemacht, zu sehen wie ich in Laurence von Arabien erwandelt worden war.

Dann ging es in die obligatorische Teppichausstellung. Dort wurde erklärt, wie die Architektur der Häuser in Fès beschaffen ist. Die Häuser entsprechen dem andalusischen Stil. Das bedeutet, dass sie von außen verkommen aussehen, von innen aber ein Schmuckkästchen sein können. Eine Villa in Fès, und es soll mehrere geben, kann maximal an einer wertvoll geschnitzten Haustüre erkannt werden. Dies sahen wir gepaart mit Videokamera und Sprechanlage. Nun zurück zur andalusischen Architektur. In der Mitte des Hauses ist ein gefliester, quadratischer Innenhof, in dessen Mitte vielleicht sogar ein Springbrunnen steht. Die Wohnräume sind im ersten Stock nur zum Innenhof hin geöffnet. Die Räume sind alle über einen um den Innenhof herum umlaufenden Balkon zu erreichen. Die Treppe zum oberen Stockwerk ist vom Innenhof aus nicht zu erkennen gewesen. So war auch das Haus des Webers, und das des Kleiderhändlers. Der Stadtführer ein fröhlicher, schmucker Mann, der 16 Jahre in Deutschland gelebt hatte, sagte zu unserer Reisegruppe: „Laurence will sich eine Hose kaufen, wie sie der Reiseführer unter seiner Dschellaba trägt, Will jemand mitgehen? Alle wollten mit, und so machte unsere Reisegruppe einen Umweg zum Kleiderladen. Andere hatten sich auch mit Klamotten eingedeckt. Ich kann nur erzählen, wie mein Kauf verlief. Zunächst wusste ich den Preis der Hose des Reiseleiters. Der Stadtführer sagte dem Verkäufer, was für eine Hose ich wollte. Er brachte die Hose, die vom Schnitt her das war, was ich wollte, aber zu schmucklos war. Er ging mehrmals, etwas besseres zu holen. Zum Schluss hatte er einen traditionellen Anzug, bestehend aus Jacke und Hose, auseinandergenommen und mir die Hose einzeln verkauft. Zunächst maß er den Bund um den Hals, und sagte passt, aber darauf lies ich mich nicht ein, was sich auch im Nachhinein als zweckmäßig herausstellte. Die Preisverhandlungen waren lang und schwierig. Zum Schluss wurde der Preis mit Handschlag vereinbart. 20 Dirham, das sind 4 DM, steckte er sich in die eigene Tasche. Auch das ist Marokko. Das schwierigste an diesem Handel war eine wirklich schicke Hose, aus Damast mit schmucker Bordüre zu finden, obwohl das Geschäft nicht die billigsten Klamotten verscherbelt.

Ausgang aus der Altstsadt von Fès 

Ausgang der Altstadt

Fès soll, einen Gauglerplatz erhalten, wie ihn Marrakèsch bereits besitzt. Er wird im Moment mit Platten belegt.

5. Tag: An diesem Tag richtet sich die Aufmerksamkeit weniger auf die verschiedenen zivilisatorischen Aspekte der Marokkos, sondern mehr an die Natur, an Gebirge und Täler, an totes Gestein und lebendige Pflanzen. Morgens geht die Fahrt durch den Mittleren Atlas mit seinen Zedernwälder. Zedern haben ein Öl, welches das Holz nicht verwittern lässt. Deshalb wurde der Tempel Salomons aus Zedernholz gebaut. Heute wird das Zedernholz für den Schiffsbau verwendet.

Zedern im Mittleren Atlas

Sogar im mittleren Atlas gibt es Schnee, mit einem Skigebiet das von den Franzosen gerne besucht wird. Deshalb gibt es auch eine christliche Kirche.

Christliche Kirche im Mittleren Atlas

Marokko ist, was die Religionen betrifft, sehr tolerant. Vielleicht ist dies der merkurische Ausdruck, dass es hinter der Wahrheit noch eine weitere, umfassendere Wahrheit gibt.

Schnee in Marokko

Schnee in Marokko

 

Auf der Sonnenseite des mittleren Atlas führen wilde Berberaffen ihr Theater auf.

Auf der Sonnenseite des Mittleren Atlas führen wilde Berberaffen ihr Theater auf

 

Der Wüstenfluss Oued Ziz der uns den Rest des Tages begleiten wird. Die Farbe des Flusses deutet auf Gletscherwasser.

Wüstenfluß Ziz

Wüstenfluss Ziz

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Das Wasser trägt seine erste Frucht, die erste Oase.

 Oase

 

 

6. Tag: Sonderprogramm, zum Sonnenaufgang Ausflug in die Sanddünenwüste.

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Um tiefer in das Naturerlebnis "Wüste" einzudringen in das jeweilige Bild klicken!

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Nach dem Frühstück geht die Fahrt von Erfoud (Arfoud) durch die Wüste in die Todra-Schlucht.

Die Todra-Schlucht besteht aus bis zu 300 m hohen Felsen.

Wasser das in dieser Schlucht entspringt, ist die Quelle für das Leben in der Bergoase Tinerhir, die 3000 Seelen zählt.

Oasenstadt Tinerhir

Dort aßen wir auch zu Mittag. Am Nachmittag geht die Fahrt durch das Dades-Tal auch Tal der 1000 Kasbahs genannt. Was ist eine Kasbah? Der Begriff ändert sich je nach Dialekt. Aber allen Dialekten gleich ist die Tatsache, dass man in einer Kasbah vor Feinden geschützt ist, und dass sie auch zur  Speicherung von Nahrung dient. Manchmal ist eine Kasbah für eine einzige reiche Familie, entsprechend einer Burg, manchmal für eine ganze Stadt, entsprechend Rothenburg ob der Tauber. Eine Kasbah ist eine Einfriedung mit hohen Mauern an deren Ecken Türme stehen. Die Mauern sind aus Lehm mit Stein gestampft. Außen haben sie einen Verputz aus Lehm mit Strohschnipsel, wie dies einst die Hebräer für den ägyptischen Pharao herstellten. Die Palmenhaine um die Kasbahs im Dadestal lassen fühlen, was Paradies, das persische Wort für Garten, bedeutet. Paradies ist Wasser, ist Leben, ist Grün, ist Schatten, ist Blüte, ist Frucht, ist Farbe, sind Schmetterlinge, sind Vögel, ist Vogelgezwitscher und sind lebendige Menschen, mit bunten Kleidern, die sprechen, sich bewegen, sich freuen, Kinder die spielen, eben das Paradies.

Dies ist der erzählerische Hintergrund zu dem Märchen "Der arabische Fürst und die Prinzessin aus dem Reich der Mitte" in dem Buch "Der Märchenerzähler - Orientalische Liebesmärchen".

7. Tag: An diesem Tag geht die Fahrt durch den Hohen Atlas nach Marrakesch.

Passstraße über den Hohen Atlas

Der Passübergang ist der erzählerische Hintergrund für die Weise, die Parabel von der Schnecke Adn erzählt in dem Buch "Der Märchenerzähler - Orientalische Liebesmärchen"

Marakkesch, das Ziel wiederentdeckter Phantasien ist erreicht. Was wird die Wirklichkeit sein?

Koutoubia-Moschee

Das Wahrzeichen von Marrakesch, das 62 m hohe Minarett der Koutoubia-Moschee, erbaut im 12. Jahrhundert, Vorbild für alle Minarette in Marokko. Deshalb sind die Minarette in Marokko nicht wie von anderen islamischen Ländern her gewohnt rund, sondern quadratisch.

Der Vormittag war den Prestigeobjekten gewidmet, der Nachmittag dem Souk und dem Gauklerplatz. Im Souk sind sowohl die Werkstätten einer Zunft als auch die Läden einer Sparte beieinander. Die Werkstatt verkauft nicht direkt sondern überträgt diese Aufgabe den Händlern. Keiner ist dem anderen neidisch, es gilt: Leben und leben lassen. Bei den Handwerkern ist ein leichteres Vorbei- und Durchkommen als bei den Händlern. Die Händler warten nicht bis man in den Laden kommt, sie bitten die Leute herein oder bieten draußen an.

Wir waren bei den Drechslern. Die Drechselbank steht auf dem Boden. Der Antrieb geschieht über einen mit Schnur bespannten Bogen, so wie in der Steinzeit die Löcher gebohrt wurden, nur dass die Schnur nicht um den Bohrer gewickelt ist sondern um das Werkstück. Mit der großen Zehe wird das Werkzeug auf der Werkzeugauflage niedergehalten und mit der Hand wird es geführt. Selbstverständlich muss das Werkzeug so geschliffen sein, dass es schneidet wenn der Bogen vor– und wenn er zurückgeführt wird.

Der Schlosser taucht sein Werkstück wenn es fertig ist in Schwefelsäure. Sie brennt den Rost ab, und dann wird es farblos lackiert. Bei uns wird es, damit es nicht rostet, heiß ins Öl getaucht. Das nennt man Schwarzbrennen.

Laden im Souk

Um genauer in den Laden zusehen, in das Bild klicken.

Der Souk ist weitgehend überdacht. In der Nähe der Schuh- und Lederverarbeitung ist vormittags Ledermarkt für die Handwerker.

Irgendwann kamen wir dann auch wiedereinmal ins Freie, und gleich dort war eine Drogerie. Die Drogen, sprich Tees und Pflanzen, waren in große Säcke gefüllt und standen links und rechts im Eingangsbereich.

Unsere Reisegruppe bekam eine vorzügliche Einführung in die marokkanische Naturheilkunde. Bei doppelter Abnahme einer Verpackung gab es noch eine Packung gratis. Zum Schluss bekamen alle Frauen, die etwas gekauft hatten, einen marokkanischen Lippenstift. Das ist ein kleines Tonschälchen mit Füßchen, um es mit zwei oder drei Fingern zu halten, gefüllt mit zinnoberfarbenem Pigment. Um die Lippen, oder auch die Wangen zu schminken macht man den Finger nass und über trägt mit dem nassen Finger die Farbe vom Schälchen zu Gesicht. Es gab auch Öle, Rosenwasser, aber auch, was es heute in einer Drogerie in Deutschland nicht mehr gibt, es gibt auch Farbstoffe, auf Naturbasis, versteht sich. Das ist sehr dekorativ. Meine Augen sahen aber noch mehr, ein Fell eines Stachelschweins mit seinen Stacheln, ein anderes Fell und leergeschossene Patronen in einem Schauglas. Diese Dinge gehören sicher zum afrikanischen Analogiezauber.

Nach dem Drogist ging es wieder in den Souk und bald landeten wir auf dem Gauklerplatz. Ein Gaukler ist jemand, der auf Jahrmärkten akrobatische Kunststücke, Geschicklichkeitsspiele oder Zaubertricks vorführt. Das sollten wir jetzt kennen lernen.

Wie wir aus dem überdachten Souk auf den freien Platz traten, wurden wir zunächst von Blinden, die wie die Vögel auf der Stange neben einander saßen, empfangen. Auf dem Platz war Musik. Es roch nach Weihrauch, nicht dem, der in der katholischen Kirche verbrannt wird, sondern der billige, der mehr nach Nadelholz duftet. Auf die Musik tanzte eine Bauchtänzerin, die sich später als Transvestit herausstellte. Auf Flötenmusik bewegte sich eine Schlange. Es gab viele Angebote sich mit Henna die Hände, Füße oder Arme bemahlen zu lassen. Karten wurden gelegt. Der Bader des europäischen Mittelalters, der die Zähne zog, befand sich als lebendes Fossil in Gestalt eines jungen Mannes auf dem Gauklerplatz. Er verleiht auch Zahnprothesen, falls eine passende gefunden wird. Es war Jahrmarkt, Zirkus und Volksfest zugleich. Auf dem Gauklerplatz gab es die Drogen und den Lippenstift auch. Bestimmt viel billiger, aber nicht mit der vorzüglichen deutschen Gebrauchsanleitung. Nach dem wir aus dem Bereich des Weihrauch herauswaren duftete es verführerisch nach Feuern, auf denen etwas gebraten wurde. Rauchwolken stiegen zum Himmel auf. Außer Schlange wurden auch Affen vorgeführt. Am meisten interessierten mich die Vorführungen der Menschen. Der Bauchtanz des Transvestiten war die erste Attraktion von Selbstdarstellung.

 

3-stöckige Menschenpyramide

Bratenfeuerrauch

 

Dienstleistung auf dem Gauglerplatz

 

Drogist auf dem Gauglerplatz

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Die Gaukler schlugen Rad, turnten auf dem Boden und dann bauten sie eine dreistockige Menschenpyramide, wo einer auf den Schultern des anderen steht. Das war das, was ich sehen wollte. Aber das allerwichtigste waren die Märchenerzähler. Überall, wo sich ein Kreis um jemanden herum gebildet hatte schauten wir. Die Märchenerzähler reden natürlich nicht deutsch sonder sprechen arabisch. Von daher war es gar nicht so einfach, herauszufinden, wer ein politisches oder gar ein religiöses Anliegen hatte, und wer Märchen erzählt. Wichtig jedenfalls hatten sie es. Einmal standen wir bei einem Märchenerzähler, aber weil er samt den Zuhörern die Hände zum Gebet erhob, dachte ich, dass er ein Sektierer sei. Aber das tägliche Leben ist mit der Religion so verwoben, dass Allah aus dem täglichen Leben nicht auszuschließen ist. Sowenig, wie die Bauchtänzerin eine Frau war, sowenig war der Erzähler ein Sektierer. Wir suchten weiter und dann war ich mir ganz sicher, dass es ein Märchenerzähler war. Er hatte ein buntes Kleid an aus vielen bunten Flecken. Im Kreis auf dem Boden befand sich ein Vogelkäfig, der mit weißem Papier zugedeckt war, bei dem aber ein Ausschnitt zuließ, dass man die Beine einer Schleiereule sehen konnte. Der Märchenerzähler ging im Kreis so wie man arabisch schreibt von rechts nach links. Er hatte von einem Zuhörer eine Münze bekommen, und er redete auf den Schenker ein, als ob er ihn zu seinem Seelenheil bekehren wollte.

Den Abend verbrachten wir im Chez Ali. Chez Ali ist am ehesten mit einem Festspiel­schloss zu vergleichen. Wir schritten  zunächst durch ein Reiterspalier. Dann ging es in die Höhle des Ali Baba und seinen 40 Frauen. Die Höhle hatte viele Nischen, in denen Schaufensterpuppen in der Brauttracht nach Art der verschiedenen Städte und Landesteilen saßen. Hochzeit bedeutet in Marokko für Braut und Bräutigam zu zweit auf einem Sofa zu sitzen, wenigstens so lange die Gäste noch da sind. Nach dem Durchwandern der Höhle kommen wir in den Festspielbereich. Im Eingang zum riesigen Schlosshof werden wir von weiteren Bräuten empfangen.

Dann geht es an vielen weiblichen Tanzgruppen mit ihren Musikanten vorbei. Alle Tanz und Musikgruppen stehen unter einem langen Zeltdach, vergleichsweise einem großen Bierzelt. Entlang dem „Bierzelt“, das auf der Längsseite offen ist fällt der Blick auf ein Hippodrom, das ist eine Reitbahn, die nicht im Kreis herumgeht, sonder nur von vorne nach hinten, parallel zum „Bierzelt“. Am Ende des Zeltes kommen wir vor den Hell erleuchteten Palast. Er steht an der Stirnseite des Hippodroms. Wir gehen auf die, dem "Bierzelt" gegenüberliegende Seite des Hippodroms und bekommen einen Platz in einem der vielen Rundzelte. Die auf der anderen Seite des Hippodroms gegenüber dem „Bierzelt“stehen. Die Zelte sind zum Hippodrom hin geöffnet. In den Rundzelten haben zusammen 2000 Menschen Platz um zu speisen. Auch wir speisen.

Während des Essens kommen die Tanz- und Musikgruppen in jedes Zelt und führen ihre Tänze auf, nicht ohne die Gäste zum Tanz aufzufordern.

Nach dem Essen geht es auf die Zuschauertribüne des Hippodroms. Aus dem Lautsprecher dröhnt orientalische Musik. Sie zeigt, dass mit dem Tanzprogramm der Abend noch nicht zu Ende ist. Die Scheinwerfer, die bislang das Hippodrom beleuchteten verlöschen. Aber die Musik dröhnt unverändert fort. Dann wird in der Ferne eine Burg angestrahlt. Sie befindet sich auf einem Wagen ähnlich den Karnevalswägen. Die Burg auf dem Karnevalswagen fährt über das Hippodrom zum Palast hin. Dann erscheint auf der Burg das Burgfräulein, das einen orientalischen Schönheitstanz darbietet. Einen Bauch hatte das Fräulein nicht, deshalb war es auch kein Bauch- sondern ein Schönheitstanz. Nach dem Tanz zieht sich die Burg, samt Fräulein, wieder zurück, dahin wo sie hergekommen war.

Nun wird das Hippodrom seinem Namen gerecht werden. Es beginnen die Reiterspiele.

In atemberaubender Geschwindigkeit rasen die berberischen Reiter auf ihren prächtig geschmückten Pferden die erdige Bahn entlang auf den Palast zu. Wenige  Meter vor dem Bahnende geben auf ein Kommando alle Reiter mit ihren Vorderladern einen krachenden Schuss ab. Die Zuschauer zucken erschreckt zusammen. Die Reiter bringen vor dem Ende der Bahn im allerletzten Augenblick ihre Pferde umgelenkt, so dass sie sich Ross und Reiter am Ende der steinharten Bahn nicht verletzen. Dann folgen Reiterkunststücke, wie wir sie von den Kosaken vom Zirkus her kennen. Bei ordentlichem Tempo vom Boden mit einem Sprung in den Sattel. Stehend auf dem Pferd dahingaloppieren. Liegend neben dem Pferd hängend. Unter dem Pferd durch zur anderen Seite und wieder in den Sattel.  Alles in allem eine sensationelle Zirkusnummer.

Dann verlöschen die Scheinwerfer wieder. Ein einziges Spitzlicht strahlt in die Luft. Warum? Weil ein fliegender Teppich mit zwei Personen besetzt langsam über das Hippodrom schwebt.

Zum Abschluss wird ein Feuerwerk abgebrannt. Dies war der Hoch- und Schlusspunkt unserer Rundreise.